Mit 94 Prozent der Stimmen hat der Gewerkschaftstag 2024 des dbb rheinland-pfalz die bisherige Landesvorsitzende Lilli Lenz wiedergewählt. Das höchste Organ des Landesbundes bestimmte am 04. Juni die Führungsmannschaft des Landesbundes für die kommenden fünf Jahre. Es ist ein bewährtes Team mit einem Neuzugang.
Die knapp 200 Delegierten des Gewerkschaftstages setzten ihr Vertrauen - wie schon 2009, 2014 und 2019 – auch für die neue fünfjährige Amtsperiode in die von der Kommunalgewerkschaft komba kommende Verwaltungsfachwirtin Lilli Lenz, die das Motto des Gewerkschaftstages im Namen der neuen Landesleitung auch zum Leitmotiv des gemeinsamen Starts machte: „dbb rheinland-pfalz: Fortschritt mit Erfahrung“.
Als stellvertretende Landesvorsitzende und Schatzmeisterin des dbb rheinland-pfalz wurde Johanna Mieder mit 95 Prozent der Stimmen neu ins Amt gewählt. Sie führt damit die Kasse des Landesbundes in der neuen, bis 2029 laufenden Amtsperiode. Johanna Mieder kommt von der Deutschen Steuer-gewerkschaft (DSTG) und ist auch Vorsitzende der DSTG Bundesfrauenvertretung sowie Mitglied im Bezirks-(Haupt-)Personalrat der Steuerverwaltung in Rheinland-Pfalz.
Als stellvertretenden Landesvorsitzender mit der Zuständigkeit für den Tarifbereich wurde Peter Mertens mit 98 Prozent der Stimmen in gesondertem Wahlgang im Amt bestätigt. Peter Mertens vertritt damit in der neuen Amtsperiode erneut die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in Rheinland-Pfalz. Er ist dbb Kreisvorsitzender in Worms und kommt von der Deutschen Verwaltungsgewerkschaft (DVG) Rheinland-Pfalz.
Die drei weiteren stellvertretenden Landesvorsitzenden wurden in einem Wahlgang in ihrem jeweiligen Landesleitungsamt bestätigt:
Hans-Dieter Gattung ist dbb Bezirksvorsitzender in Koblenz und Social Media-Beauftragter des Landesbundes. Der Fachgruppenvorsitzende EDV der Gewerkschaft Strafvollzug (BSBD) Rheinland-Pfalz leitet im Landesbund den Arbeitskreis Innere Sicherheit.
Lars Lamowski ist Landesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Rheinland-Pfalz. Der Leiter der Michael-Schule (Kirchen) ist Mitglied im Hauptpersonalrat für die staatlichen Lehrkräfte an Grundschulen.
Robert Tophofen ist stellvertretender Landesvorsitzender des Philologenverbandes Rheinland-Pfalz. Der Deutsch- und Musiklehrer ist Mitglied im Hauptpersonalrat für die staatlichen Lehrkräfte an Gymnasien/Kollegs. Seine Dienststelle ist das Staatliche Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien Kaiserslautern. Er leitet die dbb Landesarbeitskreise Bildung und Senioren.
Die bisherige Schatzmeisterin Elke Schwabl (DSTG) wurde vom Gewerkschaftstag einstimmig zum Ehrenmitglied des dbb rheinland-pfalz gewählt in Anerkennung ihres herausregenden Engagements in drei aufeinander folgenden Amtsperioden seit 2009.
Öffentliche Veranstaltung des Gewerkschaftstages
Zur öffentlichen Veranstaltung des Gewerkschaftstages, mit der auch das 75-jährige Bestehen des dbb rheinland-pfalz gefeiert wurde, konnte die frisch gewählte Landesleitung zahlreiche Gratulantinnen und Gratulanten von der Landesregierung, aus Politik und Gewerkschaften begrüßen.
Ministerpräsidentin Malu Dreyer dankte in ihrer Rede allen im öffentlichen Dienst Beschäftigten für ihre hervorragende Arbeit. Gerade auch in Krisenzeiten könne man sich uneingeschränkt auf den öffentlichen Dienst im Land verlassen. Der dbb rheinland-pfalz sei verlässlicher Partner in der Sicherung der Demokratie. Gemeinsam stehe man gegen Hass, Hetze und Gewalt. In den Bereichen Fachkräftesicherung im öffentlichen Dienst, Digitalisierung, Beteiligung, Mitbestimmung und Tarifverhandlungen sei die Landesregierung mit dem dbb rheinland-pfalz in gutem Kontakt. Die Landesregierung bemühe sich zusammen mit den Gewerkschaften, die Arbeit im öffentlichen Dienst durch gute Arbeitsbedingungen attraktiv zu gestalten, auch bei der Bezahlung. Das nach anspruchsvollen Verhandlungen erreichte Ländertarifergebnis für den öffentlichen Dienst und dessen zeitgleiche, systemgerechte Übertragung auf Besoldung und Versorgung im rheinland-pfälzischen Landes- sowie Kommunaldienst seien der Beleg dafür. „Die deutlichen Steigerungen sind große und bewusste Kraftanstrengungen für den Landeshaushalt“, sagte die Ministerpräsidentin.
Landtagsvizepräsidentin Kathrin Anklam-Trapp unterstrich, dass gute öffentliche Verwaltung – gut und angemessen vergütet sowie mit qualifizierten Menschen besetzt – unmittelbar für Gemeinwohl sorge und damit unverzichtbar sei für eine freiheitliche Demokratie. Ein funktionierender öffentlicher Dienst sei Grundvoraussetzung für den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Der dbb rheinland-pfalz sei als starker Sozialpartner Mitstreiter dafür, dass Transformation auch in der Arbeitswelt ohne Spaltung der Gesellschaft gelingt. Solidarisches Miteinander sei historisch gesehen „nicht vom Himmel gefallen“, Tarifverhandlungen und Arbeitskampf seien Errungenschaften für soziale Gerechtigkeit und gelebte Demokratie.
Der Mainzer Beigeordnete Dr. Eckart Lensch nahm in seinem Grußwort 1000 Jahre Mainzer Verwaltungsgeschichte und -kultur in den Blick. Von kirchlich geprägten Strukturen des Mittelalters hin zu neuzeitlichen Eingriffen unter französischer Herrschaft sei die Entwicklung schließlich von Freiheitsideen geprägt gewesen. Diese Entwicklung mündete auch in die Erfolgsgeschichte von 75 Jahren Grundgesetz, das den Geburtsjahrgang mit dem dbb rheinland-pfalz teile. Die Geschichte der Bundesrepublik sei auch eine Erfolgsgeschichte des öffentlichen Dienstes, der Demokratie stärke und sie als Staatsform schütze. Umso wichtiger sei die attraktive Ausgestaltung des öffentlichen Dienstes.
In seiner Festansprache würdigte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach die wichtige Rolle freier, starker Gewerkschaften als Wesensmerkmal gelebter Demokratie in Deutschland und in Rheinland-Pfalz. Das Grundgesetzjubiläum sei dem gesamten dbb Ansporn, auf allen politischen Ebenen weiter mitzugestalten. Im Geist des mit der Zeit gehenden Grundgesetzes und im Sinne von Frieden, Einigkeit, Recht und Freiheit rief der dbb Bundeschef allgemein zur Teilnahme an Wahlen auf. Pluralismus, Sachlichkeit und Respekt im gesellschaftlichen Miteinander bräuchten Vorschub, nicht Polarisierung, Polemik und Hetze.
Den Zustand des öffentlichen Dienstes in Deutschland bezeichnete er als besorgniserregend. Aufgaben, Bürokratie und Personalmangel stiegen stetig an. Auf allen Ebenen müssten Politik und Regierung energisch handeln. Versprechungen – etwa nach der Art „Digitalisierung wird schon helfen“ – führten nicht weiter. Nötig seien eine wirkliche Aufgabenkritik und der Mut zur Entbürokratisierung.
Unter dem Eindruck des tödlichen Angriffs auf einen Polizisten in Mannheim am 31. Mai 2024 kritisierte Ulrich Silberbach Aussagen aus der Politik über die „volle Härte des Rechtsstaats“ als bloßes „Blablabla“. Nur, wenn Strafe wirklich auf dem Fuße folge, könne man die Demokratie und die Kollegen wirksam schützen. Dafür müssten allerdings Personal- und Sachausstattung bei der Polizei und der Justiz auch erstmal stimmen. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf.
Forderungen seitens der Politik, die Beamtinnen und Beamten in die gesetzliche Sozialversicherung einzubeziehen, kritisierte der Bundesvorsitzende scharf: „Wir werden die zweifellos vorhandenen Probleme in der Rentenversicherung so nicht in den Griff bekommen. Dieses Thema immer wieder neu aufzukochen, ist auch nicht hilfreich. Die dafür notwendige Energie sollte lieber in die Lösung echter Probleme gesteckt werden – beispielsweise ist die Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Bundes immer noch nicht verfassungskonform, weil die Ampel das notwendige Gesetz blockiert.“
Lilli Lenz fordert Investitionen in den öffentlichen Dienst
Dass die rheinland-pfälzische Landesregierung und der hiesige Besoldungsgesetzgeber es mit dem jüngsten Anpassungsgesetz zur „1:1“-Übertragung des Ländertarifergebnisses im öffentlichen Dienst besser gemacht hätten als der Bund, sei kein Grund für den dbb Landesbund, die Hände in den Schoß zulegen, so die dbb Landesvorsitzende Lilli Lenz. Der dbb rheinland-pfalz werde gemeinsam mit seinen Mitgliedern weiter sachorientiert und im Bedarfsfall auch konfrontativ mitmischen. Der dbb Landesbund und die Landesregierung verfolgten mit der Sicherung der Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes dasselbe Kernziel.
„Natürlich messen viele unserer Mitglieder die Bezahlung im öffentlichen Dienst an den aktuellen Inflationsraten und sind skeptisch, das gehört dazu. Natürlich ruhen sich andere öffentliche Dienstherren nicht auf ihren Rangplätzen aus und sehen zu, dass sie auch weiter im Rennen bleiben. Wir werden kritisch beobachten, ob die Tarifergebnisübernahme ausreicht, um Rheinland-Pfalz im Bund-Länder-Besoldungswettbewerb bestehen zu lassen. Wir werden darauf achten, dass sich die Position möglichst weiter verbessert. In den Tarifrunden werden wir weiter um faire und angemessene Abschlüsse kämpfen. Lassen Sie uns da, wo Einigkeit herrscht, an einem Strang ziehen und da, wo wir im politischen Diskurs gegenläufige Positionen haben, immer im fairen Konfliktaustrag an Lösungen arbeiten.“